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1. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 215

1902 - Karlsruhe : Lang
— 215 Alles, was vom alten Frankreich noch übrig war, sollte vernichtet werden. Die alte Zeitrechnung wurde aufgehoben und eine neue begonnen mit dem 21. September 1792, als dem ersten Jahre der „einen ungeteilten Republik"; an die Stelle des christlichen Kalenders trat der republikanische, iu dem die einzelnen Tage nach Ackergeräten, Haustieren und Nutzpflanzen bezeichnet waren; die Kinder wurden mit römischen, griechischen, persischen Vornamen (Brutus, Aristides, Sadi) benannt. Die alten Münzen, Maße, Gewichte wurden durch ueue — in der Tat bessere — ersetzt. Die Kirchen wurden verwüstet und geschändet, endlich aus Betreiben des Pariser Gemeinderates die christliche Religion abgeschafft, der Gottesdienst untersagt und an die Stelle der Gottesverehrung die lächerliche Fratze einer Verehrung der Vernunft gesetzt. Das verderbliche Beispiel der Pariser, der Vernunft einen Tempel zu bauen, wirkte auch in anderen Städten des damaligen Frankreich nach. Mit großer Feierlichkeit wurde im November 1793 das Münster in Straßburg zum Vernunfttempel eingeweiht. Auch iu Colmar führte man die Verehrung der Göttin Vernunft ein. Die Feier fand da am Nikolaustage desselben Jahres in nachstehender Weise statt. Schon vier Wochen vorher richtete man die Martinskirche für die Festfeier her. Der Hauptaltar: die vier Seitenaltäre und die Kanzel wurden niedergerissen und in Stücke zerbrochen. Die großen Taussteine, die Weihwasserbecken, die Kirchenstühle und Bänke wurden fortgefchafft. Über dem Haupteingang der Kirche brachte man eine große, schwarze Tafel an, auf der mit goldenen Buchstaben geschrieben stand: „Temple de la raison. Tempel der Vernunft." Im Innern der Kirche hatte man an Stelle des weggeräumten Hochaltars ein hohes Gerüst ausgeschlagen, das einen Berg vorstellen sollte. Cben ans dem Gipfel loderte ein helles Fener. Das sollte den Verstand, der Berg das Erhabene der neuen Republik darstellen. Am Abhang des Berges standen die ans Holz gemalten Figuren der Freiheit und Gleichheit, der Tapserkeit und Industrie. Um den Tempel weiter auszuschmücken, flochten die Frauen Colmars Kränze ans Blumen. Unter solchen Vorbereitungen kam der Festtag heran. Hundert, nach anderen Angaben sogar fünfhundert junge Mädchen schmückten sich mit weißen Kleidern, trugen grüne Kronen auf dem Kopfe Sitten widersprach, benutzten feine Gegner und brachten ihn ans die Anklagebank. Vier Stunden lang wurde er ein der Guillotine aus dem Kleberplatze ausgestellt und vom Volke verhöhnt. Dann wurde» er nach Paris abgeführt. Monate lang schmachtete er im Kerker und büßte, nicht ganz 88 Jahre alt, am 1. April 1794 aus dem Schaffet feine schweren Verbrechen.

2. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 264

1902 - Karlsruhe : Lang
— 264 — Um; Ganz beendigt wurde es erst um das Jahr 1500; die beiden Türme sind nicht ausgebaut worden. Während man das Straßburger Münster in der französischen Revolution mit einer Jakobiner - Mütze schmückte,schrieben die gottlosen Schreckensmänner den Metzer Dom öffentlich zur Verpachtung aus und schlugen die Worte an: Cathedrale de Metz ä louer. Seit dem Jahre 1873, unter deutscher Herrschaft, ist schon manches für das prächtige Gotteshaus getan worden; auch ein Unglück dürfen wir aus der Zeit nicht vergessen, den Dachbrand des Domes bei Anwesenheit Kaiser Wilhelms I. im Mai 1877. Das Straßburger Münster.

3. Erläuterungen zu F. Hirts Bilderschatz zur Länder- und Völkerkunde - S. 82

1896 - Leipzig : Hirt
82 8. Pyrenäisclie Halbinsel. Strassen ihr ganz besonderes Gepräge. Abends strahlt alles in einem blen- denden Lichtmeer, und eine bunte Menge lustwandelt liier bis Mitter- nacht.*) Endlich lenken wir unser Augenmerk noch auf einige 4) besondere Sehenswürdigkeiten: Die Madeleine- oder a) Magdalenen-Kirche ist 1. im M. erkennbar. Sie ist nur durch eine kurze Strasse vom Eintrachtsplatz getrennt. Sie ist nach Art der griechischen Tempel**) erbaut, nämlich ringsum von Säulen umgeben. Genau gegenüber, jenseits der Seine, erhebt sich ein ganz ähnlicher Bau. Das ist der Tempel des Mammon, die Börse. Auf dieser Seite der Seine ist bei genauerem Zusehen r. im H. noch ein griechisches Bauwerk, b) das Pantheon, zu sehen. Es ist an seiner Kuppel und der Säulen- halle leicht zu erkennen. In den Gewölben dieses Domes ruhen die Gebeine berühmter Männer, z. B. Voltaire, Rousseau, Mirabeau u. a. Schliesslich sei noch c) das Marsfeld (Champ de Mars), der grösste öffentliche Platz von Paris, erwähnt. Er dehnt sich r. von der Jenabrücke aus. Ein kleines Stück davon ist r. im V. zu erkennen. Er bildet ein längliches Viereck von 880 m Länge und 400 m Breite. Er dient zu militärischen Übungen, Musterungen und Festlichkeiten.***) Die zahlreichen rauchenden Schornsteine lassen erkennen, dass Paris auch Industriestadt ist.f) Für Frankreich ist es auch Mittelpunkt der Wissenschaften und Künste. Kurz: Paris ist in ganz anderem Sinne die Hauptstadt von Frankreich als andere Städte die Hauptstädte ihrer Länder sind: Paris ist Frankreich. Von hier wurde das übrige Frankreich er- worben, erobert, beherrscht. Was in Frankreich Geltung haben will, muss von Paris kommen. 8. Pyrenäisclie Halbinsel. I. Bodeiil)eschaffenlieit.ft) 1. Von der Lage Gibraltars erhalten wir St. 16 b ein klares Bild. Von rechts her ragt in den V. herein ein schroffer, zerklüfteter Granitfelsen. Das ist der Felsen des Tarek. Er schliesst mit der im M. nach 1. sich er- streckenden Südspitze von Spanien den Hafen oder die Bucht von Gi- braltar ein. Dieser Felsen von Gibraltar steigt fast senkrecht aus den Wellen auf und erstreckt sich etwa 4 km nach S. Besonders schroff und unzugänglich ist die Ostseite. Die beiden höchsten Punkte sind 395 und *) Vergi. Daniel Ii, 620 ff. **) Dem Hinervateiripol auf der Akropolis in Athen nachgebildet. ***) Dio ganze Gegend war zur Zeit Ludwigs Xiv. noch ein dichter Wald. Auf dem Marsfelde wurde 1790 das grosse Verbrüderungsfest gefeiert. 1814 hielten hier die Alliierten grosse Heerschau. 1867 und 1878 waren hier Weltausstellungen, t) Sie ist auch eine der stärksten Festungen mit einem Kranz von Forts. If) Gleichzeitig sind hierbei die auf den betreffenden Bildern dargestellten Städte mitbesprochen.

4. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 110

1845 - Halle : Anton
110 lier's Manen. Fouche an der Spitze einer patriotischen Compagnie zog aus, um feierlichst die Reste des Märty- rers Chalier zu erheben. In dieser Procession war ein Esel, dem man das Messgewand eines Priesters angezogen, eine Bischofsmütze auf den Kopf, die Bibel an den Schwanz gebunden hatte — in solcher Procefsion erhob man Cha- lier's Leiche, verbrante sie, sammelte die Asche in eine Urne und schikte diese zur Anbetung nach Paris. Auch die Bibel verbrante man, und streute die Asche in alle vier Winde unter dem Geschrei: Rache! Rache! Und die Rache ward ausgefürt. Wälsch - Leyden solte seinen Namen Lyon verlieren, in Zukunft nur: Commune affrancliie heißen. Die eigentliche Stadt selbst solte rasirt werden und auf dem Platze, wo sie gestanden, solte eine Säule errichtet werden mit der Inschrift: Lyon fit la g-uerre a la liberte; Lyon n’est plus. Couthon ward mit Ausfürung dieser Racheplane beauftragt. Er ließ 20,000 Einreißungsarbeiter sechs- Monate lang Haus bei Haus, Pallast bei Pallast, so weit sie der Zerstörung durch das Bombardement entgangen waren niderwerfen *). An bei- den Füßen gelämt, ließ er sich durch die Straßen tragen, und wenn ein Gebäude abgetragen war, schlug er mit einem Hämmerchen an ein anderes, und sagte: la loi tc trappe! worauf hier das Einreißen began. Collot d'her- bois, Maribon-Montau und Fouche nebst 40 Pariser Ia- vendanges.“ On était alors au mardi. Dubois - Crancé, homme de mëtier, habitué aux troupes réglées, témoigna quelque mépris pour ces paysans confusément amassés, et mal armés ; il proposa de choisir parmi eux les plus jeu- nes, de les incorporer dans les bataillons déjà organises et de renvoyer les autres. Couthon ne voulut écouter aucun de ces conseils de prudence , et fît décider sur le champ qu’on attaquerait Lyon de vive force sur tous les points, avec les 60,000 hommes dont on disposait ; car telle était maintenant la force de l’armée avec‘cette nouvelle levée. Il écrivit en même temps au comité de salut public pour faire révoquer Dubois - Crancé. L’attaque fut résolue dans le conseil de guerre pour le 8 octobre. La révocation de Dubois - Crancé et de son collègue Gouthier arriva dans l’intervalle.“ - - *) Als das Einreitzen doch zu langsam gienq, sprcngte man die Hauser mit Minen in die Lust.

5. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 208

1900 - Karlsruhe : Lang
— 208 — vom alten Frankreich noch übrig war, sollte vernichtet werden. Die alte Zeitrechnung wurde ausgehoben und eine neue begonnen mit dem 21. September 1792, als dem ersten Jahre der „einen ungeteilten Republik"; an die Stelle des christlichen Kalenders trat der republikanische, in dem die einzelnen Tage nach Ackergeräten, Hanstieren und Nutzpflanzen bezeichnet waren i die Kinder wurden mit römischen, griechischen, persischen Vornamen (Brutus, Aristides, Scidi) benannt. Die alten Münzen, Maße, Gewichte wurden durch neue — in der That bessere — ersetzt Die Kirchen wurden verwüstet und geschändet, endlich ans ° Betreiben des Pariser Gemeinderates die christliche Religion abgeschafft, der Gottesdienst untersagt und an die Stelle der Gottesverehrung die lächerliche Fratze einer Verehrung der Vernunft gesetzt. Das verderbliche Beispiel der Pariser, der Vernunft einen Tempel zu bauen, wirkte auch in anderen Städten des damaligen Frankreich nach. Mit großer Feierlichkeit wurde im November 1793 das Münster in Straßburg zum Vernunfttempel eingeweiht. Auch in Colmar führte man die Verehrung der Göttin Vernunft ein. Die Feier fand da am Nikolaustage desselben Jahres in nachstehender Weise statt. Schon vier Wochen vorher richtete man die Martinskirche für die Festfeier her. Der Hauptaltar, die vier Seitenaltäre und die Kanzel wurden niedergerissen und in Stücke zerbrochen. Die großen Taufsteine, die Weihwasserbecken, die Kirchenstühle und Bänke wurden sortgeschafft. Über dem Haupteingang der Kirche brachte man eine große, schwarze Tafel an, auf der mit goldenen Buchstaben geschrieben stand: Temple de la raison, Tempel der Vernunft." Im Innern der Kirche hatte man an Stelle des weggeräumten Hochaltars ein hohes Gerüst aufgeschlagen, das einen Berg vorstellen sollte. Oben auf dem Gipfel loderte ein helles Feuer. Das sollte den Verstand, der Berg das Erhabene der neuen Republik darstellen. Am Abhang des Berges standen die aus Holz gemalten Figuren der Freiheit und Gleichheit, der Tapferkeit und Industrie. Um den Tempel weiter auszuschmücken, flochten die Frauen Colmars Kränze aus Blumen. er die Stelle eines „öffentlichen Anklägers" beim Revolntionstribnnal. Als solcher reifte er mit feiner Guillotine im Unter-Elsaß umher und ließ im ganzen 31 Personen hinrichten. Das Ober-Elsaß verwehrte ihm den Eintritt. Eine Zeitlang schlug er feinen Sitz in Barr auf. Hier verheiratete er sich und zog an der Seite feiner jungen Frau in einem mit sechs Pferben bespannten Wagen nach Straßburg. Diesen großartigen Einzug, der der Einfachheit republikanischer Sitten toiberfprach, benutzten feine Gegner und brachten ihn auf die Anklagebank. Vier Stunben lang würde er an der Guillotine auf dem Kleberplatze ausgestellt und vom Volke verhöhnt. Dann würde er nach Paris abgeführt. Monate lang schmachtete er im^Kerker und büßte, nicht ganz 38 Jahre alt, am 1. April 1794 auf dem Schaffst feine schweren Verbrechen.

6. Brandenburgisch-preußische Geschichte - S. 70

1891 - Paderborn : Heydeck
70 daß das Fallbeil stumpf wurde und der Arm des Scharfrichters erlahmte. Darum wurden jetzt 2—300 Menschen auf einmal vor die Mündungen der Kanonen getrieben und niedergeschossen. In Nantes aber wurden Männer, Frauen und Kinder zu wunderten m Kähne geworfen, welche Fallthüren hatten; dieselben wurden auf der Loire geöffnet, und die Unglücklichen fielen in den Strom Ähnlich ging es in Marseille, Borbeaux und Toulon. Mit dieser furchtbaren Grausamkeit ging eine entsetzliche Sitten-los: gkeit und eine frevelhafte Verhöhnung der Religion Hand in Hand. Die Glocken mußten fast allenthalben in die Gießereien wandern, damit Kanonen daraus verfertigt würden; die goldenen und silbernen Kirchengeräte gingen in die Münze; aus den Meßbüchern machte man Patronenpapier; die Sakristeien wurden geplündert, aus dem Leinenzeuge wurden Hemden gemacht, die Meßgewänder und Chormäntel wurden verkauft, die Reliquien verbrannt; selbst die Gräber wurden geöffnet, um Bleisärge zu suchen, aus denen man Kugeln goß. Den Gipfel erreichte der Wahn, als im November 1793 eine liederliche Tänzerin, mit einem blauen Mantel angethan und eine rotwollene Jakobinermütze auf dem Kopfe, auf einem Tragsessel durch die Straßen von Paris in die verwüstete Liebfrauenkirche getragen, auf den Altar niedersetzt und ihr, als der Göttin der Vernunft, die Hymne der Freiheit angestimmt wurde. Und so unsinnig diese Gotteslästerung auch war, in andern Kirchen, in andern Ortschaften fand sie die traurigste Nachahmung. Erst im Mai des folgenden Jahres hielt man es für angezeigt, durch einen Erlaß „ein höchstes Wesen einzusetzen". Das geschah hauptsächlich wohl darum, weil sich kein Mensch mehr sicher glaubte; denn Marat war bereits von der Hand der Charlotte Corday erdolcht und Dantons Kops durch Robespierre gefallen; dieser selbst hatte sich durch das ungeheuere Blutvergießen den Abscheu und Widerwillen aller zugezogen; kein Wunder, daß auch er unter den Verwünschungen des irregeleiteten Volkes auf dem Blutgerüst sein Leben endete. Nochmals erhielt Frankreich eine neue Verfassung im Oktober 1795: der Rat der Jungen (unter 40 Jahren), aus 500, und der Alten, aus 250 Mitgliebern bestehenb, sollte die gesetzgebenbe, fünf Direktoren aber sollten die ausführenbe Gewalt, also die eigentliche Regierung haben. Diese würden tuieber gestürzt durch Napoleon Bonaparte, und nun warb eine konsularische Regierungsweise eingerichtet. Napoleon machte sich 1799 zu einem der brei Konsuln, 1802 aber durch Volksabstimmung zum ersten Konsul auf Lebenszeit und 1804 zum erblichen Kaiser der Franzosen. Das ist jener Mann, der durch seine außergewöhnlichen Waffenerfolge auf eine Zeit lang ganz Europa in Schrecken hielt.

7. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 438

1910 - Regensburg : Manz
438 Sakrilegien und Blasphemien. Die Carmagnole. Die Göttin der Vernunft. Hemden für die Armen, aus den Meßgewändern fertigte sich der Pöbel Pumphosen. Die Meßbücher gebrauchte man zu Patronenpapier; die Altäre wurden zerstört, die Sakristeien geplündert, den Kirchensamt nahmen die Juden. In den leeren Kirchen brannte man große Feuer, tanzte um sie und verbrannte unter Hohn und Spott die kostbarsten Reliquien, sogar die Gräber wurden geplündert und geschändet und aus den bleiernen Särgen Kugeln gegossen. Bevor man aber die heiligen Gefäße in die Münze brachte, wurde Spott und Frevel mit ihnen getrieben; aus den Kelchen berauschte man sich mit Branntwein, auf Patenen trug man Heringe auf, Leute aus dem Pöbel zogen die Priestergewänder an und ritten auf Eseln durch die Straßen, hielten vor den Schnapsläden und ließen sich den Abendmahlskelch füllen. In Paris durchzog eine ganze Prozession solcher Frevler die Straßen; an den Halftern führten sie neben sich Esel, die mit Kruzifixen und heiligen Geräten beladen waren. In einem solchen Narrenaufzuge brachte man den Rest des Kirchensilbers trunken und lialbtrunken in den Konvent, diesen ehrwürdigen Rat der neuen Republik, und hielt hier in Spottversen Narrenreden vor den Repräsentanten der großen Nation. Als Danton diese Greuel immer weiter um sich greifen sah, stieg eine Ahnung in ihm auf, wie alles das, was er Großes verlangt hatte, für die Republik Frankreichs endigen werde, welchem Geschlechte er seine Ehre und seinen guten Namen zum Opfer gebracht hatte; die Generation von Frevlern, die er herangezogen, fing au, ihn selbst anzuekeln. Da saß er nun finster und finsterer und schaute eine Weile zu. Plötzlich erhob er sich, er dachte dem Irrsinn zu steuern; aber statt zu gehorchen, baten die Lästerer in Meßgewändern den Konvent, vor dem hohen Rate Frankreichs die Carmagnole tanzen zu dürfen, und der Hohe Rat hielt es feiner Würde angemessen, die Erlaubnis zu erteilen, ja, eine Anzahl der würdigen Repräsentanten Frankreichs verließ ihre Sitze, mischte sich in den Reigen und tanzte mit diesen Gestalten des Lasters und der Verkommenheit. Kaum war der Tauz zu Ende, erschien eine Deputation der Munizipalität, an ihrer Spitze der Freund des Anachar-sis Cloot, Chaume11e, Procureur der Kommune von Paris. Sie brachten auf den Schultern einen Tragsessel herein, auf welchem ein schlechtes Weib saß, Madame Maillard von der Oper, einen himmelblauen Mantel um die Schultern, die rotwollene Jakobinermütze auf dem Kopfe, mit Eichenlaub bekränzt, mit der Pike von Ebenholz, dem Symbol des Volksgottes oder Gottesvolkes, in der Hand, umgeben von einer Anzahl junger Weibspersonen mit Trikolorebändern. Chaurnette proklamierte im Konvent laut Cloots neue Religion, die Religion des werdenden, zu sich selbst kommenden Geistes, der Vernunft, und verlangte, der Konvent solle sich erheben und der Deputation nach der ehemaligen Kathedrale von Paris, Notre Dame, folgen, um da eine Probe des neuen Gottesdienstes mitzumachen, der an die Stelle des Christentums zu treten habe. Der Präsident und die Sekretäre gaben der geschminkten Repräsentantin der werdenden Gottheit einen Bruderkuß, sie stieg von ihrem Tragsessel und nahm neben dem Präsidenten Platz. Nach einigen theatralischen Reden machten sich die würdigen Repräsentanten Frankreichs auf und marschierten in Prozession mit der hochgetragenen Gottheit der Vernunft nach Notre Dame, alle die rotwollenen Nachtmützen auf den ehrwürdigen Häuptern, unter den kriegerischen Klängen der Musik. Die Göttin wurde auf den Hochaltar erhoben, den man in der Kirche gelassen hatte; Chaurnette betete sie an und die Versammlung stimmte Cheniers Hymne an die Freiheit an, die Gossee in Musik gesetzt hatte; aber auch die gemeinsten Lieder hallten durch die Räume des Gotteshauses. Zuletzt wurde die „Carmagnole" im altehrwürdigen Dome getanzt. Das war der erste Gottesdienst, den die neue Gemeinde hielt, der aber in der nächsten Folgezeit und in den andern Kirchen, wo man ihn nachahmte, manche Abänderung erfuhr;

8. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 450

1858 - Osnabrück : Rackhorst
450 Seiten mit Läden besetzten Verbindungswegen zwischen zwei Straßen); sie sind an beiden Enden ebenso durch Thore geschlos- sen, und da und dort hat man von einem Hause zum andern Bretter gelegt, über denen Türme errichtet sind, in welchen sich die Nachtwachen aufstellen; die Straße ist, wie in Macao, mit großen Steinplatten gepflastert, aber breiter, als die in letzterer Stadt. Die Buden sind ebenfalls geräumiger, haben aber auch nur ein Stockwerk. Sie verkaufen ungefähr dieselben Gegenstände, wie die Kaufleute unserer Nachbarschaft, nur sind sie schöner, zahlreicher und billiger. Die Lack- und Porcellanbuden, sowie die Läden für den Verkauf alterthümlicher Bronzen und ausgeschnit- tener Bambus, sind wahre Museen. Die Ausstellung ist im er- sten Stockwerk; im Erdgeschoß befindet sich fast nur das Comp- toir und die Geschäftsbücher. Wir geriethen sofort in ein Labyrinth von Gäßchen und kleinen Plätzen, welche alle mittelst enger Durchgänge mit den von der Polizeimannschaft bewachten Thoren in Verbindung ste- hen. Es gibt 600 Straßen, wie diese, in Canton. Man ließ uns eine große Anzahl derselben durchwandeln. Kaum ein- oder zweimal gaben uns in höflicher Weise die Thorwächter durch ein Zeichen zu verstehen, wir sollten nicht weiter gehen. Allein, als wir an den Orten, in welchen man uns nur duldete, bei einem Kaufmann eintraten, schloß dieser eiligst seinen Laden, als hätte er gefürchtet, der Pöbel möchte sich zusammenrotten und unter dem Vorwand, die „Fan-Kuei" (fremden Teufel) zu vertreiben, sein Warenmagazin plündern. Zwei unserer Handelsdelegierten, die H. H. Hedde und Renard, der eine aus Lyon, der andere aus Paris, hatten die Güte, mich in diesem Irrgang, in dessen Mitte sie bereits seit einiger Zeit lebten, zurechtzuweisen. Wir traten in die Läden einiger Seidenhändler und sahen daselbst Creppstoffe von allen Farben, geschmückt mit Stickereien, welche als wahre Basreliefs gelten konnten, indem Blumen, Vögel, Landschaften und Menschen darauf abgebildet waren. Hr. Hedde, eines der Orakel unserer schönen Lyoner Industrie, ist jetzt ein ebenso guter Kenner der Fabrication chinesischer Seidenstoffe. Hr. Renard kennt die tausend und eine eleganten Ueberflüssigkeiten der Cantoner Läden, wie seine eigenen Pariser Artikel. Wir sahen Sammlungen von Pfeifen und Spazierstöcken, welche das Glück eines Magazins der Pus äs tu Paix in Paris machen könnten; Spazierstöcke aus schwarzem oder weißem Bambus, aus Came- lia-, Feigen- und Lorbeerbaumholz, mit Affen-, Drachen- oder Vogelköpfen; langröhrige Pfeifen aus dünnem, geschnitzten Holze;

9. Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der neuern und neuesten Geschichte - S. 257

1869 - Langensalza : Beyer
257 nicht sogleich zu entsprechen wagte, zogen die Massen gegen den Palast der Tuillerien. Der Sturm begann. Schweizergarden schützten noch des Königs Person, dergestalt, daß er mit Weib und Kindern in de« Saal der Nationalversammlung sich ret- ten konnte; aber die Garden wurden nach einem gräßlichen Kampfe niedergemetzelt. Hierauf sprach man die einstweilige Entsetzung (Suspension) des Königs aus und ließ ihn mit seiner Familie als Gefangenen in den Thurm eines alten Gebäudes in Verwahrung bringen. Dieses uralte Gebäude, welches ehemals den Tempel- herren gehört hatte und daher „Tempel" hieß, hatte einen Thurm, zu dessen Zimmer eine Treppe von 100 Stufen führte und dessen Ringmauer man noch mit einem tiefen Graben um- fassen ließ. In diesen Kerker wurde der König und seine Familie, für die man Hemden von grober Leinwand verfertigen ließ, sehr streng gehalten, so daß er zuweilen an den dringendsten Bedürf- nissen Mangel gelitten haben soll. Der Krieg gegen Frankreich bricht ans. Um die Rebellen wieder zur Ruhe zu bringen, hatten sich, wie schon bemerkt, der junge Kaiser Franz Ii., und der König von Preußen, Friedrich Wilhelm Ii., zu einem Kriege gegen Frank- reich verbunden. *) Der Einmarsch in Frankreich ward beschlossen, und zwar in einer Versammlung der deutschen Fürsten, welche in Mainz stattfand. Die nächste Folge davon war, daß die Stel- lung des Königs von Frankreich, seinem Volke gegenüber, nur noch mißlicher ward. Da die Nationalversammlung im Jahre 1792 dem Angriffe, welchen sie von dem Hause Oesterreich be- fürchtete (die Königin von Frankreich war die Schwester des rö- misch-deutschen Kaisers), zuvorkommen zu müssen glaubte, so er- klärte sie Oesterreich rasch den Krieg. Mit Oesterreich gingen auch Spanien, Preußen und die deutschen Reichsfürsten gegen Frankreich. *) Die Gräfin Dönhoff (Mutter des Grafen Brandenburg) prophe- zeihete dem Könige von Preußen Unheil aus diesem Kriege; dagegen aber feuerte die Gräfin Rietz (Gräfin Lichtenau) den König fortwäh- » rend zun: Kriege an. Gcschichtssrcund Iv. 17

10. Bd. 6 - S. 240

1845 - Leipzig : Kollmann
240 cere Deputationen erschienen an den Schranken des Convents, um ihren Schmerz über seinen Tod auszudrücken. Der Sprecher der einen verlangte, daß das begangene Verbrechen durch die schrecklichste Todesstrafe gerächt, daß das Leben der Mörde- rin, statt wie ein Faden durchschnitten, durch die größten Q-ua- len zerrissen werden solle. Dem Ermordeten selbst wurden Ehren- bezeigungen ohne Gleichen gespendet. Man rief ihn auf den öffentlichen Plätzen an; die Namen Cato, Aristides, Sokra- tes rc. ertönten in bunter Neihefolge zur Bezeichnung eines Men- schen, der, ungesättigt vom Blute der Septcmbertage, unauf- hörlich 100,000 Köpfe verlangt hatte. Sein Leichnam ward in einer theatralischen, von dem Maler David angeordneten Lage, die den Moment seines Todes veranschaulichte, in der Franzis- canerkirche ausgestellt und in dem Garten der Cordeliers beerdigt. Sein Brustbild erhielt im Sitzungssaale deè Convents einen Platz neben dem des Brutus, und bald ward an allen öffentlichen Plätzen, nicht blos in Paris, sondern in allen Städten und Dörfern Frankreichs, ein Denkmal Marat's errichtet, das sich auf einem den Berg vorstellenden Nasenhügel erhob und bei allen von den Jakobinern anbefohlenen Festen durch die Jugend beider Geschlechter bekränzt werden mußte, sollten anders die Eltern nicht im Namen der Freiheit vor's Blutgericht gezogen werden. Auch die Ehre des Pantheons — obschon ein eigenes Gesetz bestimmte, daß Niemand früher, als einundzwanzig Jahre nach dem Tode sie erhalten könne —ward für diesen Märtyrer der Freiheit aus- nahmsweise sogleich in Anspruch genommen, und er an die Stelle des nun in Ungunst gefallenen Mirabeau gestellt. Der Clubb der Cordeliers errichtete in seinem Saale dem Herzen Marat's einen Altar, und der Convent decretirte, daß vierundzwanzig sei- ner Mitglieder an der Einweihung theilnehmen sollten. Dasselbe geschah, als auf dem Carousselplatze ein Obelisk für Marat er- richtet ward. Endlich ward sein Bildniß, auf Befehl der Muni- cipalität, an der Vorderseite der Kirchen und Häuser, statt der Bildnisse der heiligen Jungfrau und der Könige von Frankreich angebracht. Am Abende vor dem Begräbnisse Marat's ward Charlotte Corday hingerichtet. Sie war dem Nevolutionstribunal überge- den worden. Ihr Verhör war kurz; sie erklärte ohne Umschwci'f, den Mord aus eigenem Antriebe und ohne Mitschuldige begangen
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